ökozid

wir begehen ökozid,
schreiben unsere abschiedsbriefe auf dem papier gerodeter wälder,
tauchen federn ausgestorbener arten
in tinte aus dem eis geschmolzener gletscher,
malen in stiller sehnsucht
bilder von leergefischten meeren und untergegangenen inseln,
setzen siegel aus der erde erodierter böden,
legen uns die schlinge des verzweifelten konsums um den hals
und stoßen unter uns
den stuhl des lebens weg.

v. quist, februar 2012


Seti (1) (2)

Mit Radioteleskopen lauschen wir ins All,
halten Lebewesen wie uns für den Regelfall,
entdecken Planeten, dem unseren ganz ähnlich,
und wundern uns doch so allmählich,

dass bei Milliarden von Welten mit Potential
grad' keiner auf Sendung ist - wie wir so genial.
Als ob dort alle uns gleichenden Wesen geschwind
kurz nach Erreichen von Einfluss ausg'storben sind.

dkb, März 2012


Artensterben

Ein letzter Tigerschrei erklingt
und Berggorillas klopfen Trauerlieder.
Der Grönlandwal im Meer versinkt
und Riesenalke stopfen ihr Gefieder.

Die Säbelantilope springt
voll Furcht die Klippe unvermisst hinunter.
Das Nashorn ohne Nashorn singt
und alle Sägefische gehen unter.

Der Lurch pfeift auf den schwarzen Bach
und Warane umschleichen das Gerümpel.
Selbst Lonesome George wird langsam schwach
und gold'ne Kröten suchen hilflos Tümpel.

Zum Beifang wird der Fluss-Delphin
und Seenerze umklammern ängstlich Kragen.
Der stolze Hirsch muss niederknien,
die Leoparden fauchen Totenklagen.

C. Lanre, Februar 2012


Wir lieben die Sterne

Sternenhimmel

Wir lieben die Sterne, unanfichtbar,

kleben sie an Zimmerdecken,
formen ähnlich uns're Hecken,
drucken sie auf Coladosen,
nähen welche an die Hosen,

malen sie auf Speisekarten,
hängen bunte in den Garten,
lassen sie in Quizshows raten,
und auch in der Sonne braten.

Doch in all dem Glanz und Glitter
merken wir und das ist bitter,
durch die vielen Lichterquellen,
die jetzt jeden Ort erhellen,

sind die echten nicht mehr sichtbar.

dkb, Februar 2012, alternativ hier die Langversion des Gedichtes

Wir lieben die Sterne,

malen sie auf Speisekarten,
hängen bunte in den Garten,
drucken sie auf Coladosen,
nähen welche an die Hosen,
lassen sie in Quizshows raten,
und auch in der Sonne braten

Wir lieben die Sterne,

suchen sie in Casting Shows,
stellen uns auch schon mal bloß,
um ein Ebenbild zu werden.
Und wie oft hat man auf Erden,
diese Himmelspracht versprochen
und dann doch das Wort gebrochen.

Wir lieben die Sterne,

kleben sie an Zimmerdecken,
formen ähnlich uns're Hecken,
legen sie in Fußwegpflaster,
nennen hagelvoll das Laster,
backen weihnachts sie als Plätzchen,
sticken sie auf Babylätzchen.

Wir lieben die Sterne,

doch in all dem Glanz und Glitter
merken wir und das ist bitter,
durch die vielen Lichterquellen,
die jetzt jeden Ort erhellen,
und so blenden unanfichtbar,
sind die echten nicht mehr sichtbar.


Das Badewannenmodell

Garagenschild

Wir steigern den CO2-Gehalt der Erdatmosphäre
wie den Wasserstand einer Badewanne,
so erzählt man.

Wir drehen den Hahn auf,
und füllen CO2 in die Wanne,
holzen die Wälder ab, verbrennen Öl, Gas und Kohle.

Die Wanne hat auch einen Abfluss.
Da sind die Meere, die CO2 aufnehmen,
und Pflanzen, die CO2 in Sauerstoff umwandeln.

Doch wir drehen den Hahn immer weiter auf
und der Zufluss ist größer als der Abfluss,
so dass der Spiegel in der Wanne steigt.

Noch ist das Geschehen überschaubar.
Doch wenn der Wannenrand überschritten wird
und der Inhalt überläuft,
werden die Auswirkungen unberechenbar.

Wir haben uns das zwei Grad Ziel gesetzt,
wie einen Strich am Wannenrand.
Doch schaffen wir es, das Ziel einzuhalten?
Und ist der zwei Grad Strich noch am Wannenrand oder schon darüber?

Das Experiment läuft.

dkb, Februar 2012


nickerchen

neulich auf der couch muss ich eingeschlafen sein.
30 jahre waren vergangen.
trotz großer anstrengungen war der co2 ausstoß gestiegen
und die zwei grad grenze durchbrochen.
kipppunkte verstärkten den trend.
weltweit gab es kriege um wasser und fruchtbare böden.
flüchtlingsströme ergossen sich über Europa
und einst verschwendete rohstoffe wurden knapp.

der überschuldete staat führte härteste sparmaßnahmen ein.
es folgten generalstreiks und gewalt gegen minderheiten.
in der andauernden finanz- und wirtschaftkrise kollabierte der welthandel.
fast alle fabriken in Deutschland standen still.
die stromversorgung brach zusammen.
die gesellschaft löste sich auf
und marodierende horden plünderten die letzten supermärkte meiner stadt.

was konnte ich noch tun? was sollte ich tun?
zwei ziele reiften in mir,
niemals aufgeben,
wie der augustinermönch noch einen baum pflanzen
und
wenn die kräfte nachlassen
in würde untergehen,
keinem kind die schwimmweste entreißen, nur um ein paar stunden länger zu leben.

da tauchte etwa rotes auf,
ich griff zu,
zog und zerrte,
zerrte an einer roten schwimmweste.

ein lautes klatschen ließ mich erwachen,
der prospekt mit den flugreisen war auf den boden gefallen.
ich richtete mich auf.
sollte ich das geld doch lieber in eine wärmedämmung investieren?

v. quist, märz 2012


das schild

er ist bedrohlich.
der bissen bleibt im hals.

er kommt
und der kaiser ist nackt.

er ist schon da.
der elefant im raum zerdrückt die ungeborenen.

die hoffnung
ein schild aus pappe
im schnee

schild

v. quist, juli 2019


Hurra, meine Stadt wächst nicht mehr

Wo früher ich im weichen Kornfeld lag,
steht jetzt ein Häuserblock
und wo nun Autos fahren Tag für Tag,
da hüpfte ich im Rock.

Doch jetzt die Zahl der Menschen schrumpft,
so dass der Flächenfraß
nun angezweifelt wird von der Vernunft
und erstmals hält man Maß.

dkb, Februar 2012






Alle Gedichte von dkb, v.quist und C.Lanre können in Medien, die sich für den Umweltschutz einsetzen, frei und kostenlos genutzt werden.